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Cirkus Columbia

FR/BA/BE 2010, 113 Min., OV/df, Regie: Danis Tanovic, mit Miki Manojlovic, Boris Ler, Mira Furlan

Cirkus Columbia

DVD - Release: 19.4.2012

Rezension von Doris Senn

Mit „Cirkus Columbia“ wendet sich Danis Tanovic wieder der Geschichte seines Heimatlands Bosnien-Herzegowina zu, die er schon in seinem brillanten Erstling „No Man's Land“ ins Zentrum stellte und dafür 2001 unverhofft zu Oscar-Ehren kam. Sein neustes Werk ist eine betont leichtfüssige Satire über das Jugoslawien unmittelbar vor Kriegsausbruch.

Tanovic erzählt, wie Divko nach 20 Jahren Exil in Deutschland als wohlhabender Mann mit seiner allzu jungen neuen Braut in seine bosnische Heimatstadt zurückkehrt. Die D-Mark sitzen ihm locker in der Tasche, und so kann er auf die Verbundenheit alter Freunde und begehrlicher neuer Bekannter zählen. Nicht nur, als er sein altes Haus zwangsräumen lässt – sondern auch, als er sich mit der Suche nach seiner entflohenen Katze Boni, die gleichzeitig sein Glücksbringer ist, zum Gespött macht und unversehens den Spiess umdreht: Divko schreibt eine hohe Belohnung für Boni aus, sodass bald das halbe Städtchen sich auf die Suche nach dem wertvollen Schosstier macht. Als Divko dann auch noch den Coiffeursalon, in dem seine Noch-Ehefrau arbeitet, aufkauft, hat man definitiv das Gefühl in einer Tragikomödie à la „Besuch der alten Dame“ zu sein.

Drohender Jugoslawienkrieg als Hintergrund
Doch ist dies nur die eine Facette von Tanovics Balkankomödie. Die andere sind die im Hintergrund schwelenden Anzeichen für den drohenden Krieg, die Tanovic insbesondere evozieren will: der herrschende Groll gegen die ehemaligen kommunistischen Machthaber unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, die aufkeimenden Nationalismen, die Zwiste, die Freunde zu Feinden machen, sobald Waffen und Machtgelüste sich unter den neuen Machthabern ausbreiten. Die Zeichen stehen auf Sturm, auch wenn das die Menschen in ihrem Alltagseinerlei nicht wahrhaben wollen…

Locker gestricktes Beziehungsdrama

Tanovic hat dafür ein locker gestricktes Beziehungsdrama entworfen, das zwar nicht ohne Charme ist, manchmal aber auch wie eine etwas verstaubte Dorftheateaterposse wirkt. Daran ändern auch die renommierten Darsteller nichts: Miki Manojlovic (bekannt aus mehreren Kusturica-Filmen und als jovialer Clubbesitzer „Miki“ im preisgekrönten „Irina Palm“) spielt als gutmütig-patriarchaler Hauptdarsteller die Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben scheint. Und Mira Furlan als Divkos Noch-Ehefrau Lucija und Mutter des gemeinsamen Sohnes Martin kann sogar ihre eigene Geschichte anklingen lassen, setzte sie sich doch in jenen Jahren als Botschafterin in ihrem Land für die Einigkeit des ehemaligen Jugoslawien ein, um dann – von den Nationalisten bedroht – 1991 mit ihrer Familie in die USA auszuwandern – just zu der Zeit also, in der „Cirkus Columbia“ spielt.
So ist Tanovics Film vor allem ein Zwitter – ein nostalgisch geprägtes Vorkriegsszenario, das zwar wohl etwas von der Atmosphäre vom sich abzeichnenden historischen Unheil einzufangen vermag, dann jedoch zu viele Kompromisse eingeht, um die Dinge im Kleinen zu einem guten Ende zu bringen.

Pittoreskes Kettenkarussell als Symbol
Dafür steht paradigmatisch auch das pittoreske Kettenkarussell, dessen Namen, „Cirkus Columbia“, den Filmtitel stiftete und das nicht nur Divko an seine glückliche Kindheit in der wieder erlangten Heimat gemahnt, sondern auch zum Symbol für die unverhoffte Versöhnung mit Lucija wird. Und gleichzeitig auch zum bitteren Wermutstropfen: Kann es nicht zuletzt als Symbol für den enttäuschenden „Kreislauf“ der Geschichte gelesen werden – kommt Divko doch nur nach Hause, um zu sehen, wie sein Sohn als Folge der beginnenden Kriegswirren wieder das Exil wählen muss.

     

Kritiken

National International
- Jörg Hüssy für cineman.ch - Alissa Simon für variety.com
- Bettina Spoerri für nzz.ch - Deborah Young für hollywoodreporter.com
- Reto Bühler für zueritipp.ch - Fionnuala Halligan für screendaily.com
   
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