Petite Maman
Streaming - Release: 20.5.22 auf filmingo.ch
Filmkritik von Oswald Iten
«Au revoir», mit diesen Worten verabschiedet sich die achtjährige Nelly von drei Altersheimbewohnerinnen, um schliesslich ebenso achtsam ein leeres Zimmer zu betreten. Dort ist ihre Mutter gerade dabei, die letzten Habseligkeiten der verstorbenen Grossmutter einzupacken.
Trotz der nüchternen Inszenierung liegt ein Hauch von Traurigkeit über dieser Eingangsszene, denn Nelly tut sich schwer damit, dass sie sich von der Grossmutter nicht richtig verabschieden konnte. Beim Räumen von deren abgelegenem Haus droht zudem ein weiterer verpasster Abschied: Die Mutter, an deren Seite Nelly eben noch auf dem Sofa geschlafen hat, ist am Morgen weg und lässt Mann und Tochter alleine jenes Haus räumen, das für sie mit so viel Erinnerungen verbunden ist.
Vielleicht liegt der Grund für die Flucht aber auch in der vage skizzierten Beziehung zwischen den Eltern. Da wir durchgehend die Perspektive des schweigsamen Mädchens teilen, bleibt vieles in der Schwebe. So ist es uns überlassen, die Zeichen zu deuten, als Nelly wenig später im Wald hinter dem Haus die gleichaltrige Marion kennenlernt. Dass ihr das (von der Zwillingsschwester gespielte) Mädchen aufs Haar gleicht, scheint sie nicht zu überraschen.
Wer frankophon aufgewachsen ist, erinnert sich bei dieser Begegnung mit dem eigenen Spiegelbild und der temporären Trennung der Eltern möglicherweise an Das doppelte Lottchen, dessen Verfilmung von 1950 in Frankreich als Petite maman bekannt ist. Doch der Titel von Céline Sciammas Film hat viel konkretere Bezüge. Zum einen sehen wir, wie Nelly sich zu Beginn intuitiv um ihre trauernde Mutter kümmert. Zum andern ist diese Marion, mit der sich Nelly im Wald hinter dem Haus anfreundet, niemand anders als ihre eigene Mutter als Kind.
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