Atlantique
DVD - Release: 12.2.20
Filmkritik von Philipp Stadelmaier
Satte 72 Ausgaben der Filmfestspiele von Cannes hat es gedauert, bis in diesem Jahr erstmals der Film einer schwarzen Frau im Wettbewerb lief. Ein Grund zur Freude? Sicher, aber nach all der Zeit sollte man eher von Überfälligkeit sprechen, zumal Cannes wie auch Venedig Festivals sind, die im Wettbewerb von Genderbalance nach wie vor weit entfernt sind – von einer angemessenen Repräsentation schwarzer Filmemacher_innen ganz zu schweigen.
Da hilft es nur wenig, dass Mati Diops Atlantique heuer vollkommen verdient mit dem Jurypreis ausgezeichnet wurde und sich Netflix kurz nach der Preisvergabe die Rechte sicherte. Der erste Langfilm der noch nicht einmal vierzigjährigen französisch-senegalesischen Filmemacherin handelt auch genau davon: Was nicht rechtzeitig geschieht, kann später nicht einfach repariert, entschuldigt oder vergessen gemacht werden. Was verpasst wurde, bleibt verpasst, die Zeit heilt nicht alle Wunden.
Wir sind im Senegal, in Dakar und dessen Umgebung, in den Strassen und am Meer. Alles ist flach, breitet sich in die Horizontale aus – ausser einem Ungetüm von futuristischem Turm, der in den Himmel ragt. Auf dieser Grossbaustelle arbeiten die meisten jungen Männer der Gegend. Einer von ihnen ist Souleiman. Die Männer werden nicht bezahlt und drängen sich in dem Verhau des Vorarbeiters, um ihren Lohn einzufordern, vergebens. Sie verlassen die Baustelle, fahren auf der Ladefläche eines Lasters am Meer entlang. Es ist der erste Moment, in dem man die Musikalität, den Rhythmus des Films spürt. Souleiman auf der Ladefläche, im Fahrtwind, die anderen Männer um ihn herum singen, das Bild wackelt; im Gegenschnitt das diesige Meer, das ebenfalls wackelnd vorbeizieht. Die Welt ist unruhig, die Seele tanzt auf der Ladefläche, das Leben geht nur in eine Richtung weiter: Richtung Meer.
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