Perfect Days
Wim Wenders begleitet geduldig und detailreich einen Toilettenreiniger in Tokio durch seinen Alltag: Ein bestechend einfacher und gleichzeitig sehr kunstvoller Film, der aus einem Nichts an Handlung durch genauen Blick und meisterhafte Kontrolle des Rhythmus zu einem poetischen Meisterwerk über das Glück des Augenblicks und des einfachen Lebens wird.
Schon 1985, unmittelbar nach seinem Meisterwerk "Paris, Texas", hat Wim Wenders mit "Tokyo-Ga" einen Dokumentarfilm über den von ihm hoch geschätzten japanischen Meisterregisseur Yasujro Ozu gedreht. Auch sein vier Jahre später entstandener Dokumentarfilm "Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten" (1989), in dem er den japanischen Modeschöpfer Yoji Yamamoto porträtierte, zeugt von Wenders´ Faszination für die Kultur des ostasiatischen Inselstaates.
Ausgangspunkt für "Perfect Days" war nun eine Anfrage an den deutschen Filmemacher, ob er nicht Interesse habe, einen Fotoband oder mehrere Kurzfilme über die von japanischen Star-Architekten im Vorfeld der Olympischen Spiele 2021 geschaffenen 17 öffentlichen Toiletten zu machen. Volle künstlerische Freiheit wurde Wenders, der vor kurzem mit dem bildmächtigen 3 D-Dokumentarfilm "Anselm - Das Rauschen der Zeit" begeisterte, zugesichert und so entwickelte er statt Kurzfilmen einen zweistündigen Spielfilm.
Fast dokumentarisch wirkt dabei freilich "Perfect Days" in der Genauigkeit, mit der Wenders die Arbeit des Toilettenreinigers Hirayama (Koji Yakusho) schildert. Denn während Toiletten in anderen Filmen zumeist ein Unort sind und schon in Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilmklassiker "Der letzte Mann" (1924) die Versetzung eines Hotelportiers zum Toilettenmann ein Moment größter Degradierung und Demütigung war, feiert Wenders geradezu diese Arbeit.
Mit großem Ernst und Sorgfalt widmet sich Hirayama nämlich seiner Aufgabe. Er prüft sogar noch mit einem Spiegel, ob auch nicht einsichtige Ecken der Bedürfnisanstalt sauber sind, macht sofort Platz, wenn ein Betrunkener, Geschäftsleute oder Frauen die Toilette aufsuchen wollen und sie schon wieder verschmutzen, während er noch am Reinigen ist.
Unwohlsein kann erzeugen, mit welcher Selbstverständlichkeit dieser Mittsechziger bei seiner Arbeit in die Klomuscheln greift, das Pissoir reinigt und allen Dreck, der zurückgelassen wurde, von Plastikflaschen bis Papierfetzen entfernt. Doch für Hirayama scheint diese Arbeit nichts Unangenehmes an sich zu haben, sondern ganz einfach zu seinem Leben zu gehören.
Als in Alltagsroutine erstarrt könnte man dieses Leben bezeichnen, wenn er jeden Morgen seine Futon-Matte zusammenrollt, sich die Zähne putzt, den Schnauz stutzt, seine Bonsai-Pflanzen besprüht, den blauen Overall mit der Aufschrift "The Tokio Toilet" anzieht, beim Automaten im Hinterhof des heruntergekommenen Gebäudes, in dem er wohnt, eine Kaffee-Dose herauslässt und mit seinem blauen Kastenwagen zur Arbeit fährt.
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