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Fiore Mio

IT 2024, OV/df, 80', Regie: Paolo Cognetti, mit Paolo Cognetti, Mia Tessarolo, Arturo Squinobal
Fiore Mio

Filmkritik von Walter Gasperi

Paolo Cognetti bricht von seiner Hütte im Aostatal immer wieder ins Monte-Rosa-Massiv auf, nicht nur um die Natur zu genießen, sondern auch um sich mit Wirt:innen der Berghütten zu unterhalten: Ein poetischer Dokumentarfilm, der mit seinem ruhigem Erzählrhythmus und seinen großartigen Bildern tief in eine Welt eintauchen lässt, in der Mensch und Natur eine Einheit zu bilden scheinen.

Schon mit seinem preisgekrönten Roman "Le otto Montagne" ("Acht Berge", 2027) und dessen Verfilmung durch Felix Van Groeningen und Charlotte Vandermeersch (2022) hat der italienische Autor Paolo Cognetti Leser:innen und Kinozuschauer:innen in ein abgeschiedenes Bergdorf im Aostatal entführt. In seiner ersten eigenen Regiearbeit seit dem 2006 entstandenen, knapp einstündigen "The Wrong Side of the Bridge" steht er nun selbst im Mittelpunkt.

Nach Andrea Laszlo De Simones 2017 veröffentlichtem Song "Fiore mio" hat er seinem Dokumentarfilm den Titel gegeben, doch Blumen gibt es in den 80 Minuten kaum zu sehen. Ausgehend vom versiegenden Wasser des Brunnens seiner auf 1700 Metern gelegenen Hütte bricht Cognetti nämlich mit seinem Hund Laki als treuem Begleiter mehrfach ins vegetationsarme, von Felsen und Gletschern dominierte Monte-Rosa-Massiv auf, um zu erforschen, woher das Wasser eigentlich kommt. Seit seiner Kindheit ist der 47-jährige gebürtige Mailänder mit diesen Bergen vertraut und man spürt in jeder Einstellung, wie sehr diese für ihn im Sinne des Titelsongs "meine Blume, die Blume meiner Seele" sind.

Die Wanderungen, die sich vom Frühsommer, in denen der Aufstieg noch mit Tourenski erfolgt, bis in den Herbst spannen, bieten dem Bestsellerautor die Möglichkeit die atemberaubende, unberührte Natur ebenso wie die Kulturlandschaft ins Bild zu rücken und mit den Wirt:innen von drei Berghütten Gespräche zu führen.

Die Steinhäuser der Walser mit ihren Dächern aus Granitplatten und eine aufgelassene Alp fängt die Kamera von Ruben Impens ebenso ein wie prächtige Lärchenwälder und die vergletscherten Gipfel oder Steinböcke, Gämsen, einen Fuchs und ein Murmeltier, denen Cognetti bei seinen Wanderungen begegnet. Eindrücklich zeigen sich bei diesen Aufnahmen, deren Ausstrahlung durch die feinfühlige Musik von Vasco Brondi gesteigert wird, auch die Möglichkeiten moderner kleiner Kameras und Drohnen, mit denen Cognetti bei seinen Aufstiegen leichtfüßig aus unterschiedlichen Perspektiven begleitet werden kann.

Gespräche mit Bekannten bieten aber auch Einblick in die Walsersprache "Titsch", klären auf, dass der Name "Monte Rosa" nichts mit der Farbe Rosa zu tun hat, sondern vielmehr von "rouja" für Felsen stammt und auf Titsch das Massiv nur "El gletscher" genannt wird. Beiläufig vermittelt "Fiore mio" aber solche Informationen, wichtiger sind dem Film die Eindrücke und die Begegnungen.

Zu diesen Wanderungen und Naturbildern kommen als zweite Ebene die Gespräche auf den Hütten. Cognetti selbst hält sich dabei zurück. Auf das ursprünglich geplante Voice-over mit Texten aus seinem Tagebuch hat er schlussendlich verzichtet und lässt den Hüttenwirt:innen viel Raum, um über ihre Sicht vom Leben und ihre Erfahrungen zu erzählen.
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  - Stefan Volk für filmdienst.de
  - Camillo De Marco für cineuropa.org
  - Nick Vivarelli für variety.com
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