Turistas
Rezension von Geri Krebs
Die Chilenin Alicia Scherson beobachtet wie eine Insektenforscherin mehrere Touristen, die sich zufällig in einem Nationalpark begegnen.
Carla (Aline Kuppenheim) und Joel (Marcelo Alonso), ein biederes Ehepaar Ende Dreissig, fahren mit dem Auto auf einer Landstrasse der Langeweile eines gemeinsamen Urlaubs entgegen. Im Verlauf der Fahrt entspinnt sich aus anfänglichem Smalltalk ein handfester Krach, als Carla beiläufig erwähnt, dass sie eine Abtreibung habe vornehmen lassen. Der Streit eskaliert, so dass Joel schliesslich nach einer Haltepause Carla kommentarlos davonfährt.
Diese Ausgangslage dient der Chilenin Alicia Scherson in ihrem zweiten Spielfilm als Vehikel für einige seltsame Begegnungen und einen irritierenden Trip einer Städterin in eine urtümliche Naturlandschaft. Der Ort, an dem Carla gestrandet ist, liegt nämlich nahe beim Eingang zu einem Nationalpark, und bevor die verunsicherte Frau dort ankommt, hat sie bereits Gesellschaft in Form eines blonden jungen Rucksacktouristen (Diego Noguera). Dieser behauptet von sich, Ulrik zu heissen, Norweger, Medizinstudent und schwul zu sein - was sich im Verlauf des Films jedoch als etwas unbeholfenes Spiel mit falschen Identitäten herausstellt. Im Park macht das ungleiche Paar dann Bekanntschaft mit dem dicklichen Orlando, einem einst erfolgreichen Schnulzensänger und glücklichen Ehemann, der nun eine Existenz als Parkwächter und eigenbrötlerischer Einzelgänger fristet. Diesen beiden männlichen Nebenfiguren gesellen sich noch zwei urbane Girls in Gothic-Kluft hinzu, die wie Zwillingsschwestern aussehen, im Laden des parkeigenen Campingplatzes als Verkäuferinnen aushelfen und mit durchdringendem Blick bedeutungsschwangeren Nonsens daherreden – sie sind zwar interessant anzusehen, ansonsten aber bleibt ihre Präsenz etwas rätselhaft, wie so Vieles in einem Film, der etwas unentschlossen vom Hundertsten ins Tausendste gelangt und bei dem keine der Figuren wirklich zu leben scheint.
Nicht zufällig erscheinen immer wieder Grossaufnahmen diverser Insekten, und der distanzierte Blick eines Insektenforschers ist denn wohl auch die präziseste Umschreibung für das, was Alicia Scherson während fast zwei Stunden lang vor den Augen der Zuschauer ausbreitet. Doch dies ist durchaus auch eine Qualität in einem Film, bei dem an einer Stelle der Besprechung obligatorisch der Satz von der Natur und ihren Tönen, Stimmen und Stimmungen stehen muss, die als gleichberechtigte Protagonistin neben den menschlichen Figuren steht. Und hier leisten die Kamera von Ricardo de Angelis und die Tonspur von Miguel Hormazabal in der Tat Erstaunliches, so dass sie über sämtliche Unzulänglichkeiten einer etwas unentschlossenen Story und Figurenzeichnung hinwegtrösten.
(Geri Krebs)
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