Los colores de la montaña
Rezension von Bettina Spoerri
Der erste Langspielfilm des kolumbianischen Regisseurs Carlos César Arbeláez erzählt auf eindringliche Weise vom bedrohten Leben der Bergbevölkerung inmitten eines Landes, das vom Bürgerkrieg zerrissen wird.
„Los colores de la montaña“ trifft einen Nerv – und offensichtlich nicht nur in Kolumbien, in dessen Bergen der Film spielt, sondern auch in Europa. Im Heimatland des Regisseurs Carlos César Arbelaez haben bereits viele Tausende seinen Spielfilm gesehen, und an Festivals in europäischen Ländern sind Jurys und Publikum von der Geschichte und ihrer konsequenten filmischen Inszenierung beeindruckt.
Am Internationalen Festival in Fribourg 2011 gewann „Los colores de la montaña“ sowohl den Preis der Ökumenischen Jury als auch den Publikumspreis. Arbeláez, der bisher fast ausschliesslich im Dokumentarfilm-Fach zu Hause war, ist es in seinem ersten Langspielfilm gelungen, die Lebensbedingungen der einfachen Bergbevölkerung, die zwischen den Guerillas und paramilitärischen Gruppen aufgerieben wird, auf eindrückliche und packende Weise zu schildern. Der hohe Authentizitätsgrad der filmischen Erzählung ist zum einen seinem dokumentarischen Zugang zu den Schauplätzen und den Darstellerinnen und Darstellern – mit wenigen Ausnahmen handelt es sich dabei um begabte Laienschauspieler, von denen viele aus der Umgebung stammen, die hier gezeigt wird – zu verdanken. Aber vor allem begibt sich die Kamera auf die Augenhöhe der drangsalierten Dorfbewohner, denen man von beiden Seiten auf gewaltsame Weise Loyalität aufzwingt oder sie bei Unentschiedenheit oder „Verrat“ brutal bestraft.
Die Spuren der Taten
Im Zentrum des Films stehen der neunjährige Manuel und eine kleine Gruppe gleichaltriger Kinder. Sie leben in einer Welt voll von ihnen unerklärlichen und verstörenden Geschehnissen. In jedem Moment kann ein Spiel zu tödlichem Ernst werden, eine scheinbar harmlose Wiese sich als Minenfeld erweisen. Auf einem solchen Feld landet Manuels Fussball, den ihm sein Vater geschenkt hat, und die Kinder lassen (fast) nichts unversucht, um ihn zurückzuholen – eine unvergessliche Filmszene, die nicht nur ihnen, sondern auch den Zuschauern den Schweiss auf die Stirne treibt. Arbeláez baut eine manchmal schier unerträgliche Spannung auf, indem er aber beinahe ganz darauf verzichtet, Gewaltakte oder Täter zu zeigen, sondern nur Nachwirkungen und Spuren: die Verwüstungen von Häusern, die Versorgungsnot, Bauern, die ihr letztes Hab und Gut zusammenpacken und in die Stadt fliehen.
Verlassene Dörfer
Auch die neue, mutige Lehrerin, die mit den ängstlichen Kindern politische Parolen an der Schulhauswand durch eine friedliche, farbenfrohe Berglandschaft zudeckt, gibt nach kurzer Zeit auf und reist wieder ab. Immer mehr Menschen verschwinden, und als Manuels Vater von den Guerillas zunehmend heftig unter Druck gesetzt wird, ihren Kampf aktiv zu unterstützen, wird auch Manuels Familie auseinandergerissen. Am Ende liegt das Dorf verlassen, heimgesucht, wie eine offene Wunde: eine Katastrophe, deren Entwicklung man miterlebt hat – und doch nur ein Ausschnitt aus einem viel umfassenderen Desaster. Manuels Dorf ist eines von vielen, ein Symbol für den unbarmherzigen Krieg, der längst jegliches Mass verloren hat.
Kritiken
National | International |
- Christoph Schelb für outnow.ch | - Mark Adams für screendaily.com |
- Brigitta Rotach für medientipp.ch | - Jonathan Holland für variety.com |
- Rachel Saltz für nytimes.com | |
Offizielle Website | Verleiher |
www.peliculaloscolores.com | Xenix |
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