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Reading Lolita In Tehran

IT/IL 2025, OV/df, 108', Regie: Eran Riklis, mit Golshifteh Farahani, Zar Amir, Mina Kavani
Reading Lolita In Tehran

Filmkritik von Walter Gasperi

Eine Exil-Iranerin kehrt während der Islamischen Revolution 1979 aus den USA in ihre Heimat zurück, um an der Universität von Teheran englische Literatur zu unterrichten, wird aber zunehmend mit der Unterdrückung der Frauen konfrontiert: Eran Riklis´ sorgfältige, aber auch kantenlose Verfilmung der Memoiren von Azar Nafisi lebt vor allem von seiner großartigen Hauptdarstellerin Golshifteh Farahani.

Der Israeli Eran Riklis verhandelte bislang in Filmen wie "The Syrian Bride" (2004), "The Lemon Tree" (2008) oder "Dancing Arabs" ("Mein Herz tanzt", 2014) anhand von privaten Geschichten die schwierigen Beziehungen zwischen Israelis und den Palästinensern bzw. Syrern. Mit seiner Verfilmung der 2003 erschienenen Memoiren "Reading Lolita in Tehran" der iranisch-us-amerikanischen Hochschulprofessorin und Schriftstellerin Azar Nafisi fokussiert er erstmals auf der iranischen Gesellschaft. Gemeinsam ist den Filmen aber der Blick auf den Zusammenhang von gesellschaftlichen Bedingungen und privatem Leben und wie in "The Lemon Tree" steht wiederum eine Frau im Zentrum, die sich nicht in die Verhältnisse fügt, sondern Widerstand leistet.

Schwarzweiße Fotos und Inserts informieren über die Islamische Revolution im Jahr 1979 und die Rückkehr zahlreicher Exil-Iraner. Auch Azar Nafisi (Golshifteh Farahani), die in den USA amerikanische und englische Literatur studierte, kehrt mit ihrem Mann voller Hoffnungen in ihre Heimat zurück. Doch diese Stimmung wird sofort gedämpft, wenn beim Landeanflug auf das Alkoholverbot im Iran hingewiesen wird und bei der Zollkontrolle Schikanen wegen eines Lippenstifts in der Handtasche und englischsprachiger Bücher wie Vladimir Nabokovs "Lolita", F. Scott Fitzgeralds "The Great Gatsby" und Henry James´ "Daisy Miller" im Koffer folgen.

Diese Bücher, die Nafisi mit ihren Student:innen mit Fokus auf den Frauenfiguren diskutiert, strukturieren auch "Reading Lolita in Tehran". Gegensätze prallen aufeinander, wenn sie im Hörsaal von "The Great Gatsby" schwärmt, während die männlichen Zuhörer Kritik an dem westlichen Roman üben. Diesen Kritikern gegenüber verteidigt sie das Werk in einem fingierten Prozess, doch aus dem Spiel wird Ernst, wenn die Hijab-Pflicht, der sich Nafisi zunächst widersetzt, die Frauen einschränkt und Proteste der Student:innen mit Knüppeln niedergeschlagen, die Aktivist:innen verhaftet und hingerichtet werden. - Als Peiniger treten dabei nicht nur Männer, sondern auch fanatische, ganz in Schwarz gekleidete Frauen auf.

Die Chronologie bricht Riklis auf, wenn er von 1980 ins Jahr 1995 und zur Besprechung von Nabokovs "Lolita" springt, zu der sich sechs Studentinnen in Nafisis Wohnung treffen, um dann in einem dritten Kapitel mit Henry James´ "Daisy Miller" ins Jahr 1988 zurückzukehren.

Mit diesem Rückblick kann Riklis den Iran-Irakkrieg (1980 – 1988) und die damit verbundene Radikalisierung der Männer ins Spiel bringen, die enttäuscht erkennen mussten, dass ihr Kriegseinsatz für die Islamische Revolution in der Hauptstadt keine Wertschätzung fand.
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