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Alles neu macht der April – Vorschau auf „Visions du réel - Festival international de cinema Nyon“. Von Geri Krebs

Alles neu macht der April – Vorschau auf „Visions du réel - Festival international de cinema Nyon“. Von Geri Krebs

Eine neue Festivalleitung, ein früherer Festivaltermin, ein neues Festivalzentrum, eine geänderte Programmstruktur: Vieles wird anders beim wichtigsten Schweizer Festival des „Cinéma du réel“, doch der hohe Anspruch an Qualität bleibt bestehen.

Die 17. Ausgabe von „Visions du réel“ ist die erste unter der künstlerischen Leitung des Italieners Luciano Barisone und des neuen „Sécretaire général, Philippe Clivaz, sie haben das Festival nach der 16 Jahre dauernden Ära von Jean Perret und Gabriela Bussman übernommen.

„Focus Colombia“ und zwei „Ateliers“

„Visions du réel 2011“ beginnt am 7. April mit dem Eröffnungsfilm „Pequeñas voces“ von Jairo Carillo und Oscar Andrade, einem Werk, das vom Krieg in Kolumbien aus Kindersicht erzählt. Dieser Auftakt verweist bereits auf den „Focus Colombia“, einen der Schwerpunkte des diesjährigen Programms, bei dem mit sechs neuen Langfilmen und Debatten mit Filmschaffenden aus diesem eher unbekannten
südamerikanischen Filmland die grosse Vielfalt und Kreativität des kolumbianischen Films auch im Dokumentarfilmbereich sichtbar wird. Dem spanischsprachigen Filmschaffen wird schliesslich auch mit einem der beiden traditionellen „Ateliers“ Tribut gezollt. Es ist dem aus Katalonien stammenden Weltenbummler José Luis Guerin gewidmet. Das zweite „Atelier“ stellt den Amerikaner Jay Rosenblatt ins Zentrum, einen Regisseur, dessen Schaffen sich seit Jahren vor allem um die kreative Arbeit mit Familienfilmen, Found Footage und Archivmaterialien aller Art dreht.

Bekannte internationale Regisseure und Newcomer aus der Schweiz

Im 19 Titel umfassenden Wettbewerb der langen Dokumentarfilme – neu gibt es in diesem Jahr daneben einen weiteren mit mittellangen und einen mit Kurzfilmen – sind mit dem Österreicher Nikolaus Geyrhalter („Abendland“), der Spanierin Mercedes Álvarez („Mercado de futuros“) oder dem Deutschen Thomas Heise („Sonnensystem“) neben unbekannten auch wieder bekannte Namen vertreten. Auffallend ist, dass solche dagegen aus der Schweiz weitgehend fehlen. Das Programm bietet hier also Gelegenheit zu jeder Menge Entdeckungen, denn mit nicht weniger als 25 Titeln ist das einheimische Dokumentarfilmschaffen gut vertreten. Traditionell steht hier die Sektion „Helvetiques“ im Zentrum, unter den zwölf Filmen der Reihe hat der Erstling „Eine ruhige Jacke“, ein Porträt des jungen Baslers Ramon Giger über einen Autisten, im Vorfeld für Aufmerksamkeit gesorgt, so wurde der Film und der Regisseur bereits vom renommierten „NZZ Folio“ vorgestellt, und er hat auch von anderen Medien bereits Vorschusslorbeern erhalten.

Neue Programmstruktur

Luciano Barisone und sein Team haben die Gliederung des Festivals gewissen Änderungen unterzogen. So gibt es die früheren Sektionen „Investigations“, “Tendances“, „Fictions du réel“ und „Reprocessing Reality“ nicht mehr, und auch der Erstlingswettbewerb „Regards neufs“ entfällt als gesonderte Sektion, allerdings gibt es neben der Hauptjury eine eigene „Jury Regards Neufs“, die aus den drei Wettbewerben die Erstlingsfilme gesondert bewertet. Als Ersatz für die aufgehobenen Sektionen gibt es neu die Reihe „Etats d’esprit“, in der sich mehrheitlich journalistisch angehauchte grosse Recherchen finden. Ausserdem soll es ab heuer jedes Jahr eine grosse thematische Reihe „Port franc“ geben. Diese steht dieses Jahr unter dem Thema „La trace“ und widmet sich dem weiten Feld der Erinnerung. Hier finden sich ältere und neue Filme, die von den Filmschaffenden zusammen mit externen Fachleuten wie einem Neurobiologen, einem Choreografen oder einem Schriftsteller diskutiert werden.

„Visions du réel 2011“ präsentiert aber nicht nur gewisse programmatische Veränderungen, sondern auch die Örtlichkeiten des Festivals haben sich teilweise gewandelt. So wird das Théâtre de Marens, ein ziemlich weit vom Zentrum entfernter Schulkomplex - in den Anfangsjahren der Mittelpunkt des Festivals, danach jahrelang nicht mehr benutzt, und im vergangenen Jahr erneut zum Leben erweckt – heuer eine der Hauptspielstätten sein. Die „Salle Colombière“ wird dagegen neu den „Marché“ beherbergen, während das einstige Festivalzentrum „Usine à gaz“ eher marginalisiert wurde. Hier werden lediglich noch Debatten und „Ateliers“ stattfinden, während neben der Salle Communale Zelte stehen, die das neue Festivalzentrum beherbergen und es so vom Rand in die Ortsmitte von Nyon rücken.
(Geri Krebs)