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Rapito

IT 2023, OV/df, 135', Regie: Marco Bellocchio, mit Paolo Pierobon, Fausto Russo Alesi, Barbara Ronchi

Rapito

Streaming - Release: 5.3.24 auf filmingo.ch

Filmkritik von Walter Gasperi

Klassisch erzählt, aber konzentriert und aufwühlend: Marco Bellocchio zeichnet bewegend einen krassen Fall von Machmissbrauch durch die Katholische Kirche in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach, bei dem ein jüdisches Kind auf Befehl des Papstes seinen Eltern entrissen wurde.

Filme über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in den letzten Jahrzehnten gibt es inzwischen einige. Am bekanntesten ist hier sicher das Oscar gekrönte Drama "Spotlight", in dem Tom McCarthy die Recherchen von Journalisten des Boston Globe zu zahlreichen Missbrauchsfällen in der amerikanischen Ostküsten-Metropole nachzeichnete.

Der 84-jährige italienische Altmeister Marco Bellocchio, der sich im Lauf seiner Karriere immer wieder mit der Geschichte seines Heimatlands beschäftigt hat ("Il Traditore – Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra"), zerrt dagegen einen über 150 Jahre zurückliegenden Fall ans Licht, in dem es nicht um sexuellen Missbrauch, aber sehr wohl um einen krassen Fall von Machtmissbrauch geht. Im Mittelpunkt stehen dabei auch nicht einfache Priester oder Bischöfe, sondern mit Pius IX. (Paolo Pierobon) niemand geringerer als das Oberhaupt der Katholischen Kirche.

Eine knappe Einstiegsszene informiert über die Geburt Edgardo Mortaras als Kind jüdischer Bürger von Bologna im Jahr 1851 und schon springt Bellocchio ins Jahr 1858. Nachts klopfen von einem kirchlichen Beamten angeführte Soldaten bei den Mortaras an die Tür. Der Mutter (Barbara Ronchi) wird erklärt, dass Edgardo als Kleinkind heimlich von der katholischen Amme getauft worden sei und deshalb aufgrund des Kirchenrechts an die Kirche abgegeben und katholisch erzogen werden müsse. Die Eltern erhalten nach inständigen Bitten zwar einen Tag Aufschub, um sich zu verabschieden, doch dann wird der Knabe (Enea Sala / als Jugendlicher: Leonardo Maltese) abgeholt.

Die Würdenträger versprechen zwar, dass Edgardo in der Stadt bleiben werde, doch als der Vater (Fausto Russo Alesi) seinem Sohn Kleidung zum Wechseln bringen will, erfährt er, dass Edgardo nach Rom gebracht wurde. Dort wird er im Katechumenenhaus streng katholisch erzogen.

Abends betet er zwar in seinem Bett weiterhin auf Hebräisch das jüdische Nachtgebet, doch tagsüber wird er in die Rituale der katholischen Kirche und lateinische Gebete eingeführt. Eindringlich wird die Unsicherheit des Jungen in seinen Blicken auf Heiligenfiguren und Kruzifixe vermittelt, doch langsam scheint er sich in dieser Welt heimisch zu fühlen.
Zur ganzen Filmkritik auf film-netz.com

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