Das waren die 29. Internationale Kurzfilmtage Winterthur
von: ikftw; aufgeschaltet am 09.11.2025 20:12
***Bewegte Bilder, bewegte Menschen – von der Leinwand ins Leben***
Vom 4. bis 9. November 2025 feierte Winterthur die 29. Kurzfilmtage – das grösste Kurzfilmfestival der Schweiz und eines der bedeutendsten Europas. Mit ausverkauften Vorstellungen, über 200 Filmen aus 58 Ländern und einem facettenreichen Rahmenprogramm bewiesen die Kurzfilmtage einmal mehr ihre Kraft als Plattform für filmische Vielfalt, kulturellen Dialog und gesellschaftliche Reflexion. Dabei konnten die Kurzfilmtage nicht nur die Eintrittszahlen der Vorjahre übertreffen, sondern auch eine deutliche Steigerung der Festival- und Tagespassverkäufe verzeichnen. Ein klares Zeichen von einem Publikum, das sich nicht mit einem einzelnen Kinobesuch begnügt, sondern das Festival als Ganzes erleben will. Zu den besonderen Perlen im Angebot zählten das Spezialprogramm Disco Is Not Dead, das Disco als Musik, Tanz, Alltag und Kopfkino feierte, sowie Truth or Data, das kritische Perspektiven auf Informationen, Algorithmen und digitale Realitäten eröffnete und zeigte, dass künstliche Intelligenz im Film nicht nur Werkzeug, sondern auch kreative Partnerin sein kann. Die beliebten Programme des Internationalen und des Schweizer Wettbewerbs – mit so vielen Weltpremieren wie noch nie – ergänzten die Fokus-Reihen Cinema of India, Motion in Motion und die Person im Fokus: Isadora Neves Marques sowie Tanzperformances.
- Der diesjährige Hauptpreis ging an «Morgenkreis» (Kanada 2025) von Basma al-Sharif: Der Kurzfilm begleitet einen Vater und seinen kleinen Sohn bei ihren Morgenritualen. Dabei wird der kalte Fragenkatalog der Einwanderungsbehörde mit feinen Beobachtungen intimer, familiärer Alltagsmomente kontrastiert. «Zwischen Sprache und Bürokratie, Realität und Fiktion, Kritik und Karikatur entfaltet sich eine Geschichte und lädt uns zur Selbstreflexion ein», so die Jurybegründung.
- Der Förderpreis wurde an Dorian Jespers für «Loynes» (Grossbritannien/Nordmazedonien/Frankreich/Belgien 2025) verliehen: Sein Film kreist um einen namenlosen Leichnam im Liverpool des 19. Jahrhunderts, der vor Gericht steht, während in einem fiebrigen Ritual ein Urteil versucht wird. «In einer Zeit, in der Demokratien auf den Kopf gestellt werden und die Politik der Vergangenheit die Gegenwart heimsucht, wählt der Regisseur ein zeitloses Gerichtsverfahren als Schauplatz einer kafkaesken Farce», heisst es im Juryurteil.
- Für die beste dokumentarische Form erhielt «I Can't Think of Anything Right Now» (Deutschland/Argentinien/Libanon 2025) von Hussen Ibraheem den Prix George: Auf einem verregneten Irrweg zwischen Fahrer und Passagier entfaltet der Filmemacher eine Geschichte von Erinnerung, Entwurzelung und göttlichen Irrtümern – ein quälendes Wechselspiel zwischen Exil, Identität und der Frage, ob man die Vergangenheit vergessen oder für immer mittragen soll. «Wir waren begeistert davon, wie der Film Erinnerungen und Verlust auf so elegante, fesselnde und berührende Weise sichtbar macht», so die Jury.
- Im Schweizer Wettbewerb gewann «Always Wanted to Be God, Never Wanted to Do Good» von Marvin Merkel und Noa Epars (Schweiz 2025). Darin wird am Fall des Bergführers Patrick Bussard die Spannung zwischen religiöser Symbolmacht und gesellschaftlichen Regeln in den Schweizer Alpen untersucht. «Ein politischer Film, der von einem spielerischen Geist und leichten Ton getragen wird», und damit die Jury immer wieder aufs Neue überraschen konnte.
***Cinema of India: Brücken zwischen Tradition und Digitalisierung***
Im Fokus: Cinema of India zeigte das Festival die Vielfalt des indischen Kinos – von klassischen Werken bis zu neuen Stimmen – und machte zugleich den sprachlichen Reichtum des Landes sowie die Herausforderungen durch Zensur und die Chancen digitaler Formate sichtbar. Das Programm verdeutlichte, wie zeitgenössische Kurzfilme Mythen, Erzählungen indigenen Ursprungs und Rätsel neu interpretieren: Alte Erzählungen werden in neue Kontexte gesetzt und verbinden Spiritualität, Gesellschaft und Gegenwart. Auffällig ist der starke Bezug zur Landschaft, die als lebendiger, erzählerischer Raum verstanden wird, der Geschichte und Identität trägt.
Viele Filme geben marginalisierten Stimmen eine Plattform und hinterfragen, wie Tradition und Moderne sich gegenseitig beeinflussen. Gezeigt wurde Kino, das persönliche Erinnerungen, kollektive Mythen, stille Trauer, surreale Absurditäten, ökonomische Herausforderungen und spirituelle Sehnsucht miteinander verwebt. Insgesamt zeichnete der Fokus ein Bild von Indien als Filmlandschaft jenseits der Bollywood-Blockbusters, das zwischen globaler Moderne und lokalem Alltag oszilliert und neue Imaginationsräume eröffnet.
***Person im Fokus: Isadora Neves Marques***
Die portugiesische Filmemacherin Isadora Neves Marques verbindet Sci‑Fi mit wissenschaftlich recherchierten Erzählungen, die poetisch und tief menschlich bleiben. Sie erforscht das Zusammenspiel von Natur und menschlichen Einflüssen: In «A Mordida» zeigt sie ein Labor mit genmanipulierten Moskitos zur Epidemiebekämpfung und erzählt parallel von einer queeren, polyamoren, nicht-binären Beziehung. Welche Vorstellungen vom «Natürlichen» tragen wir in uns und was passiert, wenn die Natur ihnen widerspricht? Isadora Neves Marques zeigt in ihren Filmen, wie eng unsere Wahrnehmung von Natur mit Erwartungen, Kontrolle und kulturellen Zuschreibungen verwoben ist. In ihrer moderierten Masterclass gab sie zudem einen unmittelbaren Einblick in ihre künstlerische Arbeit und die Forschung, die ihre filmischen Welten prägt.
***Rekord bei Schulvorstellungen: Vermittlung als Kernauftrag***
Ein besonderer Höhepunkt des Festivals war das moderierte Schulprogramm: Mit über 2000 jungen Besucher:innen erreichte es eine Rekordzahl und zeigte eindrücklich die Rolle der Kurzfilmtage als Vermittlungsinstanz. Auch am Schweizer Filmschulentag wird Nachwuchs gefördert: Führende Kunsthochschulen präsentierten aktuelle Kurzfilme und Studierende erhielten Feedback von der Jury, die den Preis für den besten Schweizer Schulfilm vergab. Auffällig ist die starke persönliche Handschrift der Studierenden und ihr Gespür für Themen, die gesellschaftlich und emotional relevant sind.
***Industry-Angebot: Austausch, Weiterbildung und Networking***
An den Industry Events trifft sich jährlich die nationale und internationale Kurzfilmbranche. Neben den Industry-Screenings, die rege besucht wurden, boten die Market Meetings Gelegenheit, in kurzer Zeit wertvolle Kontakte zu knüpfen. Internationale Expert:innen aus den Bereichen Festival, Distribution und Sales standen den Filmschaffenden im Speed-Dating-Format für kurze Gespräche zur Verfügung, um Projekte vorzustellen oder Netzwerke aufzubauen. Ergänzend fand die Industry Conversation: Reasons to Buy a Film statt. Kurzfilmregisseur:innen präsentierten die ersten drei Minuten eines aktuellen Projekts vor Expert:innen aus Akquisition, Sales und Distribution, die das Marktpotenzial der Filme einschätzten – ein praxisnaher Einblick in die Abläufe der Branche.
***Rahmenprogramm: Musik, Performance und Begegnung***
Neben den Filmvorführungen bot das Rahmenprogramm zahlreiche Highlights: Im Kraftfeld sorgten Live-Sets und DJ-Sessions für pulsierende Festivalstimmung, auf dem Lagerplatz lud die pinke Kirche aus dem Gewinnerfilm des Schweizer Wettbewerbs zu Begegnungen und kollektiven Happenings ein, und die überraschenden Tanzperformances im blue Cinema Maxx verbanden Bewegung, Licht und Musik zu einer verführerischen visuellen Erfahrung.
Vom 4. bis 9. November 2025 feierte Winterthur die 29. Kurzfilmtage – das grösste Kurzfilmfestival der Schweiz und eines der bedeutendsten Europas. Mit ausverkauften Vorstellungen, über 200 Filmen aus 58 Ländern und einem facettenreichen Rahmenprogramm bewiesen die Kurzfilmtage einmal mehr ihre Kraft als Plattform für filmische Vielfalt, kulturellen Dialog und gesellschaftliche Reflexion. Dabei konnten die Kurzfilmtage nicht nur die Eintrittszahlen der Vorjahre übertreffen, sondern auch eine deutliche Steigerung der Festival- und Tagespassverkäufe verzeichnen. Ein klares Zeichen von einem Publikum, das sich nicht mit einem einzelnen Kinobesuch begnügt, sondern das Festival als Ganzes erleben will. Zu den besonderen Perlen im Angebot zählten das Spezialprogramm Disco Is Not Dead, das Disco als Musik, Tanz, Alltag und Kopfkino feierte, sowie Truth or Data, das kritische Perspektiven auf Informationen, Algorithmen und digitale Realitäten eröffnete und zeigte, dass künstliche Intelligenz im Film nicht nur Werkzeug, sondern auch kreative Partnerin sein kann. Die beliebten Programme des Internationalen und des Schweizer Wettbewerbs – mit so vielen Weltpremieren wie noch nie – ergänzten die Fokus-Reihen Cinema of India, Motion in Motion und die Person im Fokus: Isadora Neves Marques sowie Tanzperformances.
- Der diesjährige Hauptpreis ging an «Morgenkreis» (Kanada 2025) von Basma al-Sharif: Der Kurzfilm begleitet einen Vater und seinen kleinen Sohn bei ihren Morgenritualen. Dabei wird der kalte Fragenkatalog der Einwanderungsbehörde mit feinen Beobachtungen intimer, familiärer Alltagsmomente kontrastiert. «Zwischen Sprache und Bürokratie, Realität und Fiktion, Kritik und Karikatur entfaltet sich eine Geschichte und lädt uns zur Selbstreflexion ein», so die Jurybegründung.
- Der Förderpreis wurde an Dorian Jespers für «Loynes» (Grossbritannien/Nordmazedonien/Frankreich/Belgien 2025) verliehen: Sein Film kreist um einen namenlosen Leichnam im Liverpool des 19. Jahrhunderts, der vor Gericht steht, während in einem fiebrigen Ritual ein Urteil versucht wird. «In einer Zeit, in der Demokratien auf den Kopf gestellt werden und die Politik der Vergangenheit die Gegenwart heimsucht, wählt der Regisseur ein zeitloses Gerichtsverfahren als Schauplatz einer kafkaesken Farce», heisst es im Juryurteil.
- Für die beste dokumentarische Form erhielt «I Can't Think of Anything Right Now» (Deutschland/Argentinien/Libanon 2025) von Hussen Ibraheem den Prix George: Auf einem verregneten Irrweg zwischen Fahrer und Passagier entfaltet der Filmemacher eine Geschichte von Erinnerung, Entwurzelung und göttlichen Irrtümern – ein quälendes Wechselspiel zwischen Exil, Identität und der Frage, ob man die Vergangenheit vergessen oder für immer mittragen soll. «Wir waren begeistert davon, wie der Film Erinnerungen und Verlust auf so elegante, fesselnde und berührende Weise sichtbar macht», so die Jury.
- Im Schweizer Wettbewerb gewann «Always Wanted to Be God, Never Wanted to Do Good» von Marvin Merkel und Noa Epars (Schweiz 2025). Darin wird am Fall des Bergführers Patrick Bussard die Spannung zwischen religiöser Symbolmacht und gesellschaftlichen Regeln in den Schweizer Alpen untersucht. «Ein politischer Film, der von einem spielerischen Geist und leichten Ton getragen wird», und damit die Jury immer wieder aufs Neue überraschen konnte.
***Cinema of India: Brücken zwischen Tradition und Digitalisierung***
Im Fokus: Cinema of India zeigte das Festival die Vielfalt des indischen Kinos – von klassischen Werken bis zu neuen Stimmen – und machte zugleich den sprachlichen Reichtum des Landes sowie die Herausforderungen durch Zensur und die Chancen digitaler Formate sichtbar. Das Programm verdeutlichte, wie zeitgenössische Kurzfilme Mythen, Erzählungen indigenen Ursprungs und Rätsel neu interpretieren: Alte Erzählungen werden in neue Kontexte gesetzt und verbinden Spiritualität, Gesellschaft und Gegenwart. Auffällig ist der starke Bezug zur Landschaft, die als lebendiger, erzählerischer Raum verstanden wird, der Geschichte und Identität trägt.
Viele Filme geben marginalisierten Stimmen eine Plattform und hinterfragen, wie Tradition und Moderne sich gegenseitig beeinflussen. Gezeigt wurde Kino, das persönliche Erinnerungen, kollektive Mythen, stille Trauer, surreale Absurditäten, ökonomische Herausforderungen und spirituelle Sehnsucht miteinander verwebt. Insgesamt zeichnete der Fokus ein Bild von Indien als Filmlandschaft jenseits der Bollywood-Blockbusters, das zwischen globaler Moderne und lokalem Alltag oszilliert und neue Imaginationsräume eröffnet.
***Person im Fokus: Isadora Neves Marques***
Die portugiesische Filmemacherin Isadora Neves Marques verbindet Sci‑Fi mit wissenschaftlich recherchierten Erzählungen, die poetisch und tief menschlich bleiben. Sie erforscht das Zusammenspiel von Natur und menschlichen Einflüssen: In «A Mordida» zeigt sie ein Labor mit genmanipulierten Moskitos zur Epidemiebekämpfung und erzählt parallel von einer queeren, polyamoren, nicht-binären Beziehung. Welche Vorstellungen vom «Natürlichen» tragen wir in uns und was passiert, wenn die Natur ihnen widerspricht? Isadora Neves Marques zeigt in ihren Filmen, wie eng unsere Wahrnehmung von Natur mit Erwartungen, Kontrolle und kulturellen Zuschreibungen verwoben ist. In ihrer moderierten Masterclass gab sie zudem einen unmittelbaren Einblick in ihre künstlerische Arbeit und die Forschung, die ihre filmischen Welten prägt.
***Rekord bei Schulvorstellungen: Vermittlung als Kernauftrag***
Ein besonderer Höhepunkt des Festivals war das moderierte Schulprogramm: Mit über 2000 jungen Besucher:innen erreichte es eine Rekordzahl und zeigte eindrücklich die Rolle der Kurzfilmtage als Vermittlungsinstanz. Auch am Schweizer Filmschulentag wird Nachwuchs gefördert: Führende Kunsthochschulen präsentierten aktuelle Kurzfilme und Studierende erhielten Feedback von der Jury, die den Preis für den besten Schweizer Schulfilm vergab. Auffällig ist die starke persönliche Handschrift der Studierenden und ihr Gespür für Themen, die gesellschaftlich und emotional relevant sind.
***Industry-Angebot: Austausch, Weiterbildung und Networking***
An den Industry Events trifft sich jährlich die nationale und internationale Kurzfilmbranche. Neben den Industry-Screenings, die rege besucht wurden, boten die Market Meetings Gelegenheit, in kurzer Zeit wertvolle Kontakte zu knüpfen. Internationale Expert:innen aus den Bereichen Festival, Distribution und Sales standen den Filmschaffenden im Speed-Dating-Format für kurze Gespräche zur Verfügung, um Projekte vorzustellen oder Netzwerke aufzubauen. Ergänzend fand die Industry Conversation: Reasons to Buy a Film statt. Kurzfilmregisseur:innen präsentierten die ersten drei Minuten eines aktuellen Projekts vor Expert:innen aus Akquisition, Sales und Distribution, die das Marktpotenzial der Filme einschätzten – ein praxisnaher Einblick in die Abläufe der Branche.
***Rahmenprogramm: Musik, Performance und Begegnung***
Neben den Filmvorführungen bot das Rahmenprogramm zahlreiche Highlights: Im Kraftfeld sorgten Live-Sets und DJ-Sessions für pulsierende Festivalstimmung, auf dem Lagerplatz lud die pinke Kirche aus dem Gewinnerfilm des Schweizer Wettbewerbs zu Begegnungen und kollektiven Happenings ein, und die überraschenden Tanzperformances im blue Cinema Maxx verbanden Bewegung, Licht und Musik zu einer verführerischen visuellen Erfahrung.
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