Trei Kilometri Pana La Capatul Lumii

RO 2024, OV/df, 105', Regie: Emanuel Parvu, mit Bogdan Dumitrache, Ciprian Chiujdea, Laura Vasiliu
Trei Kilometri Pana La Capatul Lumii

Filmkritik von Walter Gasperi

In einem Dorf im rumänischen Donaudelta erregt nicht ein homophober Angriff auf einen Jugendlichen, sondern die homosexuelle Orientierung des Opfers Bewohner:innen und Eltern: Emanuel Pârvu gelang mit seinem in Cannes mit der Queer Palm ausgezeichneten dritten Spielfilm ein unaufgeregtes, aber konzentriertes und packendes Drama, das von einem großartigen Ensemble getragen wird.

Weit erstreckt sich das Schwarze Meer vor der Küste des kleinen Dorfs im rumänischen Donaudelta. Doch dieser Weite der ersten Einstellung stehen die engen gesellschaftlichen Verhältnisse gegenüber. In langen statischen Einstellungen fängt Emanuel Pârvu zunächst die familiäre Situation des 17-jährigen Adi ein, der nach dem Sommer ein Studium beginnen will.

Der Vater wünscht, dass er die Marine-Akademie besucht, doch Adi träumt von einer Ausbildung zum Schauspieler und während er lieber ins ferne Bukarest möchte, drängen die Eltern ihn im nahen Tulcea zu studieren. Sichtbar wird aber auch die prekäre finanzielle Situation der Familie, hat der Vater doch beim Dorfbonzen Zentov Schulden.

Man sieht zwar, wie Adi auf einer nächtlichen Straße mit einem jungen Studenten aus Bukarest sehr vertrauten Umgang hat, doch ausgespart wird, was danach passiert. Körperlich schwer lädiert kehrt der Teenager jedenfalls nach Hause zurück. Der Übergriff wird angezeigt, Adi ungewöhnlicherweise in Gegenwart des Polizeichefs und der Eltern von einer Ärztin untersucht und seine Verletzungen genau protokolliert.

Nüchtern dokumentiert Pârvu auch dieses Geschehen in langen statischen Einstellungen. Auf Musik wird konsequent verzichtet, erst zum Nachspann setzt sie ein. In diesem Verzicht auf Musik ebenso wie in den langen statischen Einstellungen erinnert "Drei Kilometer ..." an die Filme von Cristian Mungiu, in dessen "Graduation" (2016) Pârvu mitspielte. Doch der 46-jährige Schauspieler und Filmregisseur hält nicht rigoros und verbissen an einem Stil fest, sondern zeigt sich formal flexibel, als die Hintergründe der Tat bekannt werden und es auch darum geht Emotionen nach außen zu kehren.

Bald sind die beiden Söhne des mächtigen Zentov nicht nur als Täter ausgeforscht, sondern gestehen freimütig Adi verprügelt zu haben, weil sie ihn bei leidenschaftlichen Küssen mit dem Studenten aus Bukarest beobachtet haben. Das Opfer wird so zum Täter gemacht, denn auch – und vor allem – Adis Eltern stellen sich nun gegen ihren Sohn, wollen ihn unbedingt "von der Krankheit heilen", deren Bekanntwerden im Dorf für einen Skandal sorgen würde.

Durch Fokussierung auf Adi, seine Eltern, den Polizeichef und den mächtigen Zentov sowie den Pfarrer des Dorfs entwickelt Pârvu dicht die Handlung. Zu Adi hält nur seine Freundin Ilinca. Von ihr erhält er moralische Unterstützung, doch ausrichten kann sie gegen die Mächtigen des Dorfs nichts.
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Kritiken 

National International
  - Gerhard Midding für epd-film.de
  - Ulf Lepelmeier für filmstarts.de
  - Reinhard Kleber für artechock.de
  - Till Kraditzke für critic.de
  - Guy Lodge für variety.com
  - Leslie Felperin für hollywoodreporter.com
  - Wendy Ide für screendaily.com
  - Peter Bradshaw für theguardian.com
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