The Whale
Filmkritik von Walter Gasperi
Ein schwer übergewichtiger Englischprofessor hat nur noch wenige Tage zu leben, möchte aber unbedingt noch etwas in seinem Leben richtig machen. – Getragen von einem großartigen, mit dem Oscar ausgezeichneten Brendan Fraser in der Hauptrolle entwickelt Darren Aronofsky in seiner Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks von Samuel D. Hunter ein konzentriertes und bewegendes Kammerspiel über menschliche Fehler und Sehnsucht nach Versöhnung.
Der menschliche Körper spielt immer wieder eine zentrale Rolle in den Filmen von Darren Aronofsky: Mit "The Wrestler" verhalf er 2008 Mickey Rourke als abgehalftertem Wrestler zu einem zwar kurzen, aber großen Comeback und die Verkörperung einer Balletttänzerin in "Black Swan" (2010) brachte Natalie Portman einen Oscar. Nun bescherte er Brendan Fraser, der in den frühen 2000er Jahre ein angesagter und aufstrebender Star war, dann aber von der Bildfläche verschwand, mit der Rolle des 270 Kilo schweren Englischprofessors Charlie wieder ein großes, mit dem Oscar ausgezeichnetes Comeback.
Die Wohnung kann der Mann mit seinem aufgedunsenen Gesicht, seinem enormen Bauch und seinen mächtig angeschwollenen Füßen schon seit längerem nicht mehr verlassen. Nur mit einer Gehhilfe kann er sich zwischen Sofa und Schlafzimmer fortbewegen. Als er einmal versucht, frei zu gehen, bricht er nach wenigen Schritten zusammen. Später wird er einen Rollstuhl verwenden.
An seinem Schwitzen und Keuchen spürt man, wie ihn jede Bewegung anstrengt. Verschluckt er sich einmal, wird das Ersticken nur verhindert, indem die mit ihm befreundete Krankenschwester Liz (Hong Chau) ihm mächtig auf den Rücken schlägt, sodass er den verschluckten Bissen wieder ausspuckt. Und dennoch stopft er weiterhin maßlos Sandwiches und Pizzas, die der Lieferant vor der Tür abstellt, in sich hinein.
Online hält er noch Englischkurse, lässt seine Kamera aber dabei ausgeschaltet, weil er die Reaktion der StudentInnen auf sein Aussehen fürchtet. Essays sollen diese schreiben, bei denen für ihn vor allem die Ehrlichkeit wichtig ist. Im Bewusstsein, dass sein Tod naht, hat er nun seine ihm entfremdete 17-jährige Tochter eingeladen, um sich mit ihr zu versöhnen.
Mit Inserts zu den Wochentagen spannt Aronofsky den Bogen von Montag bis Freitag. Abgesehen von wenigen, kurzen Szenen auf der Veranda konzentriert sich "The Whale" ganz auf die Wohnung. In der Dominanz von dunklen Grau-, Blau- und Grüntönen wirkt diese fast wie eine Höhle und auch das enge 4:3-Format verstärkt das Gefühl eines beklemmenden Gefängnisses. Erst im Finale wird mit dem Öffnen der Tür nicht nur helles Sonnenlicht, sondern damit auch Erlösung hereinfluten.
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