Ricky
Rezension von Cindy Hertach
Monotonie prägt den grauen Alltag der allein erziehenden Mutter Katie und ihrer kleinen Tochter: Gemeinsames Frühstück, Fahrt zur Schule und Fabrik, Fliessbandarbeit, Essen in der Kantine, Fliessbandarbeit, Rückkehr nach Hause, gemeinsames Abendessen. Es gibt nichts, was diesen tristen Ablauf durchbrechen könnte.
François Ozons neuester Film beginnt als lakonisch inszenierte Sozialstudie über das Dasein in der Peripherie der Gesellschaft und könnte ab dem Zeitpunkt der Entdeckung der vermeintlichen Wunden in ein Sozialdrama über häusliche Gewalt übergeleitet werden. Doch Ozon wäre nicht Ozon, würde er sich nicht an den Spielarten des postmodernen Kinos orientieren. Bekanntlich nimmt sich dieses durch Mittel wie Dekonstruktivität, Intertextualität oder Anti-Konventionalität so manche erzählerische Freiheiten heraus, mixt ausserdem Genres und liebt es, aus dem populärkulturellen Fundus zu zitieren. Dadurch wird möglich, dass sich mitten in der harten sozialen Realität die vermeintlichen Hämatome auf dem Rücken des Babys zu Dellen entwickeln, aus welchen schon bald kleine Flügelchen spriessen, die dem Film eine eigenartige märchenhafte Wendung verleihen.
Offen bleibt dabei, ob die Flügel des Babys zur Wirklichkeit des Films gehören oder der mütterlichen Wunschvorstellung entstammen. Denn ganz am Anfang der Geschichte sieht man Katie weinend bei einer Sozialarbeiterin sitzen. Sie sei am Ende ihrer Kräfte und bittet, das Baby in einem Heim unterzubringen. Diese kurze Szene überschattet den ganzen Film mit der beunruhigenden Ahnung, dass sich hinter dieser märchenhaften Begebenheit eine schmerzliche Fluchtphantasie verbergen könnte.
(Cindy Hertach)
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