Vorschau auf das 26. Filmfestival Fribourg vom 24. - 31. März 2012. Von Geri Krebs
1980 gegründet, ist das Festival International de Films de Fribourg (Fiff) eines der ältesten Filmfestivals der Schweiz. Die diesjährige Ausgabe steht für Kontinuität und Erneuerung, es ist die erste unter dem neuen künstlerischen Leiter, dem 41 jährigen Genfer Filmkritiker Thierry Jobin.
Es gehe heute für das Fiff nicht mehr darum, Brücken zu bauen, sondern sich zu den Zentren zu begeben, wo sich die verschiedenen Realitäten und Denkweisen aneinander reiben. Dies schreibt Thierry Jobin im Editorial zum Programmheft des Fribourger Filmfestivals. Für Jobin ist klar, dass die Brücken existieren zwischen dem, was man früher erste und dritte Welt nannte. Das sei das Verdienst seiner Vorgänger beim Fiff, bekräftigt Jobin im Gespräch und fügt dann hinzu: „In der heutigen globalisierten Welt geht es vor allem darum, die Diversität zu verteidigen, und dazu gehört auch, dass am Fiff ein Film aus Bangladesh genau so seinen Platz hat wie ein Independent-Film aus den USA oder ein neuer französischer Film, der in der Schweiz keinen Verleih gefunden hat.
Von Martial Knaebel zu Thierry Jobin
Das Fribourger Festival war unter seinem langjährigen künstlerischen Direktor und Mitbegründer Martial Knaebel, der das Festival von 1986 bis 2007 leitete, zu einem international bekannten Grossanlass für Filme aus Asien, Afrika und Lateinamerika geworden. Der gebürtige Elsässer Martial Knaebel, der seine beruflichen Wurzeln in der Entwicklungszusammenarbeit hatte, schaffte es seit den 1990er Jahren, das Fiff nicht nur in der Schweiz, sondern gerade auch im fernen Ausland bekannt zu machen. „In Korea empfängt man uns, als ob wir den Status von Cannes hätten, dasselbe gilt für Mexiko“, erklärte Jobin kürzlich in einem Interview mit der Branchenzeitschrift „Ciné Bulletin“ und machte damit klar, dass er hier stark von der Arbeit seiner Vorgänger profitiert.
Jobin, der seit ihrer Gründung im Jahr 1998 für die Genfer Tageszeitung „Le temps“ als Filmredaktor gearbeitet, und dabei auch immer wieder das Fiff journalistisch begleitet hatte, möchte einerseits in der Kontinuität seines Vorgängers Edourad Waintrop fortfahren, hat andererseits aber doch einige Akzente anders gesetzt. Der Pariser Filmkritiker Edourd Waintrop hatte das Fribourger Festival thematisch und geografisch geöffnet und von seinem Ruf eines Festivals des „Dritte-Welt-Kinos“ befreit und dabei für einen beachtlichen Publikumszuwachs gesorgt. Letztes Jahr zählte das Festival 33 000 Eintritte in acht Festivaltagen. Es war zum einen das Genre-Kino (Film Noir, Melodramen, Gangsterfilme), dann aber auch thematische Reihen wie etwa Filme zu Terrorismus oder sich rächenden Frauen, mit denen Waintrop das Filmfestival von einem Festival der „Films du sud“ zu einem der „Films du monde“ gemacht und dabei neben dem Stammpublikum auch neue Zuschauerinnen und Zuschauer hinzugewonnen hatte.
Genre-Kino, Banladesh und politisch Brisantes
Thierry Jobin behält diese programmatische Ausrichtung bei, hat sie aber noch stärker strukturiert, wenn er etwa neben dem Wettbewerb - der in diesem Jahr zwölf Spielfilme aus zwölf Ländern umfasst – einen Genre-Schwerpunkt mit 15 Western aus aller Welt (von Thailand bis Chile und von Burkina Faso bis Japan) und eine acht Filme umfassende thematische Reihe zum „Bild des Islams im Okzident“ präsentiert. Weiter möchte Jobin aber auch den Wurzeln des Fiff treu bleiben, indem er unter dem Titel „Terra incognita“ neu jedes Jahr eine Reihe mit Filmen aus einem Land präsentiert, das bis anhin in filmischer Hinsicht völlig unbekannt war. Den Anfang machen in diesem Jahr acht Filme aus Bangladesh, die zwischen 2002 und 2011 entstanden sind. Neben solchen Trouvaillen präsentiert das Fiff ausserhalb des Wettbewerbs aber auch politisch brisante Filme, die bereits an grossen Festivals wie etwa Cannes liefen, aber in der Schweiz keinen Kinoverleih haben. Dazu gehört etwa „This is not a Film“ von Jafar Panahi, ein aus dem Iran auf einem USB-Stick nach Cannes geschmuggeltes Werk, in welchem der zu 20 Jahren Berufsverbot verurteilte Regisseur („Offside“) aus dem Hausarrest seine Situation reflektiert. Ein weiterer brisanter Film eines iranischen Regisseurs ist das Drama „Good Bye“ von Mohammed Rasoulof, der hier die Unterdrückung der Opposition und das Verbot von Abtreibung anprangert und damit zwei Tabuthemen aufgreift. Rasoulof, der im Exil lebt, ist in Fribourg als Mitglied der Jury präsent, „Good Bye“, läuft ausserhalb des Wettbewerbs.
Offiziell eröffnet das Festival am Abend des 24.3. mit dem chilenischen Film „Salt“, der exemplarisch zeigt, wie Thierry Jobin die eingangs erwähnten Brücken versteht: Er ist eine Koproduktion zwischen zwei südlichen Ländern (Chile-Argentinien), er ist ein Western, und er hat viel Humor.
(Geri Krebs)
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