Vorschau auf das 10. Zurich Film Festival. Von Walter Gasperi
Mit einem Mix aus Galapremieren „grosser Filme“ wie David Finchers „Gone Girl“, drei Wettbewerben für Newcomer sowie einem Schaufenster des unabhängigen indischen Kinos bietet das Zurich Film Festival in seiner zehnten Auflage wieder ein dichtes und vielversprechendes Programm.
Mit Skepsis blickte man 2005 auf die Gründung des Zurich Film Festivals. Zehn Jahre später steht die Veranstaltung als Grossereignis da, das kaum mehr zu übersehen ist. Umfasste das Programm in den Anfängen rund zwei Dutzend Filme, so werden heuer 145 gezeigt, 17 davon als Weltpremiere, 500 Gäste werden erwartet. Das Erfolgsrezept ist der Mix aus Glamour und Filmkunst, aus publikumsträchtigen Filmen, die von Stars wie Benicio del Toro, Antonio Banderas und Liam Neeson, begleitet werden, und interessanten jungen Regisseuren in den drei Wettbewerben.
Preise und Tribute
Prominente Gäste lockt man – wie in Locarno - aber auch mit der Verleihung von Preisen an: Diane Keaton wird heuer den Golden Icon Award erhalten, der amerikanische Produzent Michael Schamberg wird mit dem Career Achievement Award ausgezeichnet und der Lifetime Achievement Award geht an den Filmkomponisten Hans Zimmer. Zusätzlich zum Preis werden Keaton und Schamberg ebenso wie die französische Autorenfilmerin Claire Denis, der der heurige Tribute gewidmet ist, mit der Vorführung von sechs Filmen geehrt.
Vom James Brown-Biopic bis zu österreichischen Kellern
Eröffnet wird das Festival mit „Get on Up“, in dem Tate Taylor das Leben der Soullegende James Brown nachzeichnet. Hochkarätig geht es in der Schiene „Gala“ weiter mit Filmen, die zwar schon vor kurzem bei den Festivals von Venedig oder Toronto ihre Uraufführung erlebten, aber teilweise erst in einigen Monaten in die Schweizer Kinos kommen werden. Der Bogen spannt sich von Alejandro González Iñárritus Komödie „Birdman“ bis zu Dan Gilroys in Toronto hochgelobtem Thriller „Nightcrawler“. Spannungskino dürften auch Scott Franks „A Walk Along the Tombstones“, der spanische Science-Fiction-Thriller “Autómata” bieten sowie vor allem David Finchers Verfilmung von Gillian Flynns Bestseller „Gone Girl“, die erst wenige Tage vor dem ZFF beim ebenfalls aufstrebenden New York Film Festival vorgestellt wird.
Aber auch leichtere Töne fehlen in dieser Programmschiene mit Woody Allens „Magic in the Moonlight“, „Wish I Was Here“ - Zach Braffs erstem Kinofilm seit dem kultigen „Garden State“ - oder Rob Reiners mit Diane Keaton und Michael Douglas hochkarätig besetzter Komödie „And so It Goes“ nicht. Blicke in die Abgründe der österreichischen Seele öffnet dagegen wieder einmal Ulrich Seidl, der in seinem Dokumentarfilm „Im Keller“ zeigt, was Menschen der Alpenrepublik so alles in ihren Kellern machen. Von Frederick Wiseman wiederum ist zu erwarten, dass er in „National Gallery“ in der für ihn typischen Direct-Cinema-Manier einen facettenreichen Einblick in das berühmte Londoner Museum bietet, während Wim Wenders und Juliano Ribeiro Salgado in dem in Cannes gefeierten Dokumentarfilm „The Salt of the Earth“ den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado porträtieren.
Vielversprechende internationale Wettbewerbe
Dominieren in der Programmschiene „Gala“ bekannte Namen, so könnte man in den drei Wettbewerben spannende Entdeckungen machen. So finden sich in der Sparte „Internationaler Spielfilm“, in der 14 Filme um den mit 25.000 Schweizer Franken dotierten Preis für den besten Film konkurrieren, auch Yann Demanges schon bei der Berlinale präsentiertes Nordirland-Drama „´71“ oder mit „The Drop“ Michaël R. Roskams Nachfolgefilm zu dem starken „Bullhead“.
Rein vom Papier her Hochkarätiges findet sich auch im ebenfalls mit 25.000 Franken dotierten Wettbewerb „Internationaler Dokumentarfilm“, denn zu den zwölf in dieser Sparte gezeigten Filmen gehören mit „Stray Dog“ der neue Film der „Winter´s Bone“-Regisseurin Debra Granik, sowie der in Venedig ausgezeichnete „The Look of Silence“, in dem Joshua Oppenheimer nach der Täterperspektive in „The Act of Killing“ aus der Sicht der Opfer auf das brutale Vorgehen gegen tatsächliche oder vermeintliche Kommunisten im Indonesien der 1960er Jahre blickt.
Fokus – Der Wettbewerb für deutschsprachige Filme
In der Sparte „Fokus“, die Produktionen aus den deutschsprachigen Ländern vorbehalten ist, konkurrieren schliesslich zwölf Filme um das mit 20.000 Franken verknüpfte „Golden Eye“. Neben noch weitgehend unbekannten Namen finden sich hier mit Sudabeh Mortezais „Macondo“ auch ein Film, der schon im Wettbewerb der Berlinale lief, und mit „Who Am I – Kein System ist sicher“ der neue Thriller von Baran bo Odar, dessen Erstling „Das letzte Schweigen“ 2010 in Locarno auf der Piazza lief. Gespannt sein darf man aber auch auf „Parcours d´amour“, den neuen Film der „Prinzessinnenbad“-Regisseurin Bettina Blümner, oder auf Belinda Sallins „Dark Star – HR Gigers Welt“.
Special Screenings und indisches Kino
Einen bunten und spannenden Mix verspricht auch die Sparte „Special Screenings“. Unter anderem laufen hier Dietrich Brüggemanns formal radikaler und bei der Berlinale viel beachteter „Kreuzweg“ sowie der in Indien gedrehte „Tigers“, in dem sich Danis Tanovic mit den schmutzigen Geschäften der Pharmaindustrie auseinandersetzt.
Vertreten sind hier aber auch Dokumentarfilme wie Constantin Wulffs „Ulrich Seidl – A Director at Work“ und in einer Work-in-Progress-Fassung „Iraqi Odyssey“ des Schweizers Samir, der zunächst für den „Internationalen Dokumentarfilm“-Wettbewerb angekündigt wurde, nun aber nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnte.
Einblick in das unabhängige indische Filmschaffen fernab von Bollywood bietet schliesslich mit zwölf Produktion die Programmschiene „Neue Welt Sicht: Indien“ und auch ein spezielles Kinderprogramm fehlt nicht.
ZFF-Masters
Trotz der breiten Palette an Filmen sollte man auch das Rahmenprogramm nicht übersehen. Spannende Einblicke ins Filmschaffen versprechen hier die ZFF-Masters, in deren Rahmen Hans Zimmer, Ulrich Seidl, Frederick Wiseman, Susanne Bier und der Kameramann Michael Ballhaus dem Publikum Einblick in ihre Arbeit bieten. – Filmisch auf- und anregenden zehn Tagen sollte somit nichts im Wege stehen.
(Walter Gasperi)
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