Letzten Samstag wurde erstmals der Schweizer Filmpreis im Kultur- und Kongresszentrum Luzern verliehen. Bei dem der Oscar-Verleihung nach empfundenen Gala-Abend setzte sich beim Spielfilm unter den fünf nominierten Filmen wenig überraschend Ursula Meier mit ihrem skurrilen, in keine Schublade passenden „Home“ durch. Die von Silvio Soldini geleitete siebenköpfige Jury zeichnete dieses Antiroad-Movie über eine Familie, die ihren Wohnsitz am Rande einer Autobahn auch dann nicht aufgibt, als der Straßenabschnitt in Betrieb genommen wird und eine Blechlawine vorbeidonnert, zudem mit dem Preis für das beste Drehbuch (Ursula Meier und Antoine Jaccoud) aus. Auch der Quartz für den besten Nachwuchsdarsteller ging mit dem elfjährigen Kacey Mottet Klein an einen Schauspieler von „Home“. Die anderen Darstellerpreise gingen an Céline Bolomey, die in Vincent Pluss „Du bruit dans la tête“ intensiv eine psychisch labile Frau spielt, die Stimmen hört, und an Dominique Jann für seine Verkörperung eines Clochards in Dominique de Rivaz „Luftbusiness“. Dass sich in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ Fanny Bräunings „No More Smoke Signals“ gegen Fernand Melgars „La Forteresse“ durchsetzte, mag auch daran liegen, dass Melgar schon vor drei Jahren für „Exit“ mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet wurde. Melgars gesellschaftspolitisch hochaktuellem Film zur Schweizer Asylpolitik wurde so ein vielschichtiger Film über die bedrückende Situation der Lakota Indianer in einem Reservat in South Dakota vorgezogen. Dass die Jury keineswegs unpolitisch votierte, zeigt der „Spezialpreis der Jury“ für Danilo Catti, der in „Giù le mani“ den Streik der Bellizoner Bahnarbeiter im März 2008 dokumentiert. Der Kurzfilmpreis ging an „Un día y nada“ von Lorenz Merz, in der Kategorie „Bester Trickfilm“ wurde "Tôt ou tard“ von Jadwiga Kowalska ausgezeichnet und zur „Besten Filmmusik“ wurde Marcel Vaids Soundtrack für Ayten Mutlu Sarays „Zara“ gekürt.
(Walter Gasperi)