Festivalbericht von Walter Gasperi über das 18. Internationales Film Festival Innsbruck
Als kleiner Bruder des Festivals von Fribourg versteht sich das IFFI, konzentriert man sich in der Tiroler Landeshauptstadt doch auch auf die Ländern des Südens. 70 Filme vorwiegend aus Lateinamerika, Asien und Afrika standen heuer auf dem Programm, speziell aus Schweizer Sicht freilich nicht nur ganz neue und unbekannte Produktionen, da die Kooperation des IFFI mit dem Trigon-Verleih dazu führt, dass mehrere in der Schweiz schon angelaufene Trigon-Filme in Innsbruck vielfach als österreichische Premieren gezeigt wurden. „Birdwatchers“ und „Lluvia“ sind hier ebenso zu nennen wie im Wettbewerb die bosnische Frauengeschichte „Snijeg“ und das ecuadorianische Roadmovie „Qué tan lejos“, das den Publikumspreis gewann.
Mit dem mit 5000 Euro dotierten „Filmpreis des Landes Tirol“ zeichnete die Jury, der unter anderem die Zürcher Filmproduzentin Franziska Reck angehörte, „Teza“ von Haile Gerima aus, der schon zuvor bei der letzten Biennale von Venedig und beim wichtigsten afrikanischen Festival in Ouagadougou mehrere Preise gewonnen hatte. Der äthiopische Altmeister zeichnet in diesem großen, weit ausholenden und fast zweieinhalb Stunden langen Epos am Beispiel eines Mannes, der nach jahrelangem Studium in Deutschland in seine Heimat zurückkehrt 30 Jahre blutige äthiopische Geschichte nach, wirft aber auch Fragen der Entwurzelung durch die Emigration und des Rassismus in Europa auf.
Während Gerima angesichts der Stofffülle vieles nur antippen kann, besticht „L´absence“ von Mama Keita durch die Konsequenz und Schnörkellosigkeit, mit der hier eine kleine Geschichte erzählt wird. Wie Gerima rückt auch Keita einen Mann in den Mittelpunkt seines Films, der nach über fünfzehnjährigem Aufenthalt in Frankreich in seine senegalesische Heimat zurückkehrt. Fremd ist ihm das Land geworden, von dem er sich förmlich abgeschottet hat, und nur kurz will er bleiben. Dennoch muss er schließlich erkennen, dass er eine Verantwortung gegenüber seiner Familie und seiner Heimat hat. Verpackt in eine Charakterstudie, die sich langsam in einen Thriller wandelt, erzählt Keita unprätentiös, welches Problem es für Afrika darstellt, dass die im Ausland studierenden Eliten nur in den wenigsten Fällen in ihre Heimat zurückkehren.
Auffallend war in Innsbruck, wie viele Filme sich mit dem Schicksal von Kindern beschäftigten. Während Eugenio Polgovsky in „Los Herederos“ zurückhaltend, aber minutiös Kinder bei der Landarbeit, in Ziegeleien, beim Viehhüten, Ernten oder Holzfällen in verschiedenen Regionen Mexikos zeigt, zeichnet der Ungar Ferenc Moldovanyi in „Another Planet – Másik Bolgyó“, der in Innsbruck von der SchülerInnenjury mit dem „Südwind-Filmpreis“ ausgezeichnet wurde, in einem Streifzug durch Kinderschicksale in den Ländern des Südens von Müllmenschen über Prostituierte bis zu Schuhputzern und Kindersoldaten nicht mit krassem Realismus, sondern vielmehr poetisch-melancholisch ein bewegendes Bild von der globalen Situation von Kindern.
(Walter Gasperi)
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