31. FIFF vom 31.3. - 8.4.2017 - Geister und Gäste. Von Geri Krebs
In einmaliger Übereinstimmung von Eröffnungsdatum und Anzahl Ausgaben beginnt am kommenden Freitag das Festival International de Films de Fribourg (Fiff). Mit dem Datum vom 31. März liegt der Beginn dieser 31. Ausgabe des Festivals zudem am spätesten Zeitpunkt in der Geschichte des traditionsreichen Festivals. Eröffnet wird dieses 31. Fiff mit „The Eagle Huntress“, einem Dokumentarfilm des britischen Regisseurs Otto Bell. Er zeigt darin eine junge Frau in der Mongolei, die sich in der Männerdomäne der Adlerdressur zu behaupten versucht. Thematisch knüpft dieser mit prachtvollen Aufnahmen aufwartende Erstlingsfilm aus dem am wenigsten dicht besiedelten Land der Welt damit an den Schwerpunkt des letztjährigen Fiff an, als es „Ladies First“ hiess, und das Festival in der Reihe „Genrekino“ Filme unter dem Motto „Wilder als der Mann“ zeigte.
In diesem Jahr heisst es hier „Gespenstergeschichten“, die Reihe umfasst 19 Filme und inspiriert in den Geleitworten des Festivalkataloges – der dieses Jahr, wie bereits 2016, auf Bonsaigrösse geschrumpft ist – den Fribourger Kulturstaatsrat Jean-Pierre Siggen zum Titel „ Ein geistreiches Festival“. An gleicher Stelle weiss Bundesrat Alain Berset zu berichten, die Fiff-Verantwortlichen hätten die Entdeckung gemacht, dass seit dem Jahr 2000 kein anderes Genre international so häufig auftauche wie der Gespensterfilm. Man kann an der Richtigkeit dieser Entdeckung zweifeln, aber der Vorsteher des EDI schlussfolgert: „Eine ziemlich beunruhigende Diagnose des Zeitgeistes, aber treffend, wenn wir zum Beispiel das letzte Jahr Revue passieren lassen.“ Es bleibt anzunehmen, dass Herr Berset sich dabei ausdrücklich nicht auf die Rentenreform und auch nicht auf die ins Unermessliche steigenden Krankenkassenprämien bezieht.
Doch zurück zu den Gespenstergeschichten. Sie finden sich auch im „Herzstück“ des Festivals, dem 12 Filme umfassenden internationalen Wettbewerb. So etwa im Erstlingsfilm „Dearest Sister“ der aus Laos stammenden Regisseurin Nong Hak, die hier von einer Frau erzählt, die mit Toten zu sprechen in der Lage ist. Auch in einem anderen Film einer Frau aus einem asiatischen Land, aus dem bei uns noch kaum je ein Film zu sehen war, aus Bhutan, ist das Gespenstische präsent. In dem Mystery-Thriller „Honeygiver Among the Dogs“ von Regisseurin Dechen Roder geht es um das Verschwinden einer Nonne und um eine Frau, die der Hexerei bezichtigt wird. Auffallend beim diesjährigen Wettbewerb ist, dass bekannte Namen fehlen, zahlreiche Filme sind Erstlingswerke - und ausserdem steht gleich bei zwei Filmen das warnende Ausrufezeichen, das im Katalog so erklärt wird: „Dieser Film enthält explizite Szenen, die sensible ZuschauerInnen irritieren können“.
Allerdings steht der Warnhinweis nicht bei den beiden erwähnten, sondern bei zwei anderen Filmen: „Apprentice“ des aus Singapur stammenden Regisseurs Boo Junfeng und „Obscure“ des Libanesen Soudade Kaadan. Während ersterer, ein Spielfilm, von einem Gefängniswärter erzählt, der sich einem alten Chef-Henker andient, ist letzterer ein Dokumentarfilm – einer von zweien im Wettbewerb – über einen vom Krieg traumatisierten Jungen aus Syrien.
Bezüglich des warnenden Ausrufezeichens lässt sich sagen, dass in diesem Jahr die - sich vor allem an ein junges Publikum richtende - Sektion „Séances de minuit“ gegenüber früheren Ausgaben noch ausgebaut wurde und heuer jeden Abend stattfindet, und bei gleich sieben von insgesamt neun Filmen zu finden ist In dieser Reihe finden sich sowohl blutrünstige asiatische Actionfilme, wie etwa „Train to Busan“ des Südkoreaners Yeon Sang-ho, trashiges europäisches Gemetzel wie „Angriff der Lederhosen Zombies“ des Österreichers Dominik Hartl oder aber einen schrägen Mix aus Erotik – und Horrorfilm wie in „White Lily“ des Japaners Hideo Nakata.
Möglicherweise ist das Spektrum des diesjähigen, über 140 Filme umfassenden Fiff-Programms generell noch breiter und weiter gefasst als in früheren Jahren. Denn neben den erwähnten Reihen, und darüber hinaus solchen Entdeckungsreisen in unbekannte Gefilde wie jenen des aktuellen nepalesischen Kinos („Nouveau territoire“) oder klassischen ägyptischen Komödien (Reihe: „Diaspora“) sind in den beiden „Cartes blanches“, jenen für den US-Schriftsteller Douglas Kennedy und denen für den langjährigen Leiter der Cinematèque Suisse, Freddy Buache, so viele Klassiker des Weltkinos vertreten wie wohl noch kaum zuvor am Fiff: Zeitlich reichen diese Filme von Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ aus dem Jahr 1931 bis zu Klassikern des Hollywood -Kinos der 1950er und 1960er Jahre wie etwa John Fords „The Searchers“ oder Billy Wilders „The Appartement“ - und allein schon die Gelegenheit, diese durch Koryphäen wie Douglas Kennedy oder dem mittlerweile 91 jährigen Freddy Buache präsentiert zu bekommen, sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.
(Geri Krebs)
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