28. Internationale Kurzfilmtage Winterthur: Vom Römerholz nach Ägypten und Litauen

von: ikftw; aufgeschaltet am 17.10.2024 09:25

Vom 5. bis 10. November präsentieren die Internationalen Kurzfilmtage Winterthur zum 28. Mal die ganze Bandbreite des Kurzfilmschaffens: von Wettbewerbsprogrammen über den Grossen Fokus: Beyond the Frame bis zum Land im Fokus: Ägypten, bei dem drei Kurzfilmprogramme Einblicke geben ins Grossstadtleben, aber auch in ganz private Momente. Als Person im Fokus hält der litauische Regisseur und Kameramann Vytautas Katkus die diesjährige Masterclass und präsentiert zwei Programme. Ein vielseitiges Rahmenprogramm mit Konzerten und Partys, Familien- sowie Industry Events runden das Programm ab, das am 16. Oktober veröffentlicht wird. Zeitgleich startet der Vorverkauf.

Der Grosse Fokus: Beyond the Frame stellt Bilder der international renommierten Sammlung Oskar Reinhard «Am Römerholz» in Bezug zu aktuellen Fragen und schon immer dagewesenen Diskursen. So ist beispielsweise Van Goghs «Der Krankensaal des Hospitals von Arles» Ausgangspunkt für das Programm «Landscapes of the Mind», das Gefühlswelten filmisch betrachtet werden. Das Programm «Look at Me» ist inspiriert von der Porträtmalerei und erforscht das filmische Ich und seine Inszenierung. Oder die Auftragsarbeit «Bildnis eines Kardinals», die einen spanischen Grossinquisitor zeigt, lädt ein, um auch im Medium Film Machtgefälle zu beleuchten – global, soziokulturell und privat. Die insgesamt sechs Programme werden in ausgesuchten Vorstellungen mit interessanten Kontext-Talks ergänzt, während in der Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» ein Dialograum entsteht, der die Begegnung der beiden Winterthurer Kulturinstitutionen sowie der beiden Disziplinen Bildende Kunst und Film weiter auslotet.

Das Land im Fokus: Ägypten ist eine geschichtsträchtige Filmnation, die Filme produziert und konsumiert, seit es das Kino gibt. Dabei stand der kommerzielle Erfolg im Zentrum, weshalb es lange kaum Kurzfilme gab; und wenn, unterlagen sie der Zensur: Als einer der ersten kritischen ägyptischen Kurzfilme gilt «Cairo As Seen by Youssef Chahine» (1991) des international bekannten Regisseurs Youssef Chahine. Mit dem ägyptischen Frühling entstand 2011 kurzfristig eine neue Szene von Filmschaffenden, die mit erschwinglichem digitalem Equipment soziale Ungerechtigkeiten dokumentierten und Themen aufgriffen, über die bisher nicht gesprochen wurde. Während die Machtübernahme der neuen Regierung im Jahr 2013 für andere Sektoren das Ende dieser Freiheiten bedeutete, boomt der Kurzfilm weiterhin – auch dank der immer besseren Qualität von Handykameras – und bleibt unter dem Radar der Zensur: So zeigt beispielsweise Regisseur Morad Mostafa seine Filme auf Hunderten von Festivals. Ihm ist eins der insgesamt drei Fokusprogramme gewidmet, die mit weiteren Gästen aus Ägypten auch zu spannenden Filmgesprächen einladen.

Die Person im Fokus: Vytautas Katkus verzeichnete mit seinen letzten drei Kurzfilmen beachtliche Festivalerfolge: «Kolektyviniai sodai» («Community Gardens») hatte seine Weltpremiere 2019 bei der Semaine de la Critique in Cannes. «Miegamasis rajonas» («Places», 2020) lief an den Filmfestspielen von Venedig und zuletzt wurde «Uogos» («Cherries») im Kurzfilmwettbewerb von Cannes vorgestellt. Auch als Kameramann ist er äusserst erfolgreich: Der Spielfilm «Akiplėša» («Toxic») gewann diesen Sommer den Pardo d’Oro am Locarno Film Festival. In einer moderierten Masterclass spricht Katkus über seine Arbeit und die zeitlose Qualität des Analogen und präsentiert zwei Programme: einmal zu seiner Arbeit als Regisseur, einmal als Kameramann.

Wettbewerbe
Den Kern der Kurzfilmtage bilden die Wettbewerbe: Für die insgesamt 13 Programmblöcke im Schweizer und im Internationalen Wettbewerb sowie in den beiden Sparks-Programmen wurden dieses Jahr 55 Kurzfilme ausgesucht, darunter 27 Welt- und Europapremieren. Die Sparks-Sektion bietet wie jedes Jahr einen Einstieg in die Welt des Kurzfilms. Highlights aus den aktuellen Wettbewerbseinreichungen zeigen eine vielfältige Filmkultur jenseits von Mainstream und YouTube-Clips. Im Schweizer Wettbewerb konkurrieren 21 Filme um zwei Preise, darunter diverse Weltpremieren von bekannten Gesichtern, u.a Nils Hediger, Alexandre Schild, Matteo Gariglio oder Liza T. Raheem. Die Schweizer Wettbewerbsprogramme werden neu viermal am Festival gezeigt, zwei Mal mit deutschen Untertiteln – so stärken die Kurzfilmtage die Präsenz des Schweizer Filmschaffens und auch die Zugänglichkeit weiter.

Im Internationalen Wettbewerb laufen insgesamt 39 Filme. Gesellschaftliche Diskurse und politische Themen bleiben in beiden Wettbewerben relevant, wobei dieses Jahr ein besonderer Fokus auf dem Widerstand liegt. Weitere Themen sind Natur und Mensch sowie das Klima. Aber auch Deepfakes und Künstliche Intelligenz werden inszeniert und ästhetisch ausgelotet.

Weitere Highlights
Hors Concours werden mit Züri Shorts und Hot Shorts aktuelle Kurzfilme aus Zürich, der Schweiz und der Welt präsentiert, die es nicht in den Wettbewerb geschafft haben. Und in Zusammenarbeit mit der Zauberlaterne bieten die Kurzfilmtage auch dieses Jahr Familienprogramme ab sechs Jahren.

Spätabends gibt es neben Partys und Konzerten auch Kurzfilme von True Crime bis Porno: Mit dem Programm What The Porn! geben die Porny Days Einblicke in verschiedene Herangehensweisen der alternativen Pornografie. Im anschliessenden Kontext-Talk diskutieren Künstler:innen und Kollektive, wo die Schnittstellen zwischen Postpornografie, Mainstream-Porno und Kunst liegen und was die Anziehungskraft des Expliziten ausmacht. Das Programm Like Me, Love Me, Fuck Me erkundet unkonventionelle menschliche Bindungen – mit und ohne Gefühlswirrungen. Und aus Sport ist Mord wird dieses Jahr neu Mord ist Sport – ein Late-Night-Programm mit viel schwarzem Humor, Splatter und nicht zuletzt: Mord.

Zum Jubiläum der ältesten noch existierenden Schweizer Produktionsfirma schauen die Kurzfilmtage zurück auf 100 Jahre Praesens-Film. Das Programm zeigt Filme aus den 1920er- bis 40er-Jahren über Mode, Volkswirtschaft, Neues Bauen, Demokratie und Tourismus und bietet Einblick in einen fast vergessenen Teil der Schweizer Filmgeschichte, aber auch in ein historisches Selbstverständnis des Landes.
Den Abschluss der Kurzfilmtage bildet die Preisverleihung am Festivalsonntag (10.11.) um 18:00, gefolgt von den Gewinnerfilmen und einem Best of-Programm, bevor das Festival beim «Schtubetanz» ausklingt.

mediaSPAMFILTER@kurzfilmtage.ch
Zum Programm

Powered by eZ Publish™ CMS Open Source Web Content Management. Copyright © 1999-2024 7x (except where otherwise noted). All rights reserved.