Children Of Sarajevo

BIH 2012, 90 Min., OV/df, Regie: Aida Begic, mit Marija Pikic, Ismir Gagula, Nikola Duricko

Children Of Sarajevo

DVD - Release: 30.9.2013

Rahima ist 23 und arbeitet in der Küche eines angesagten Restaurants in Sarajevo. Sie lebt mit ihrem 14-jährigen Bruder Nedim zusammen, den sie betreut, da die beiden ihre Eltern im Krieg verloren haben. Es ist nicht einfach für die junge Frau, für beide den Lebensunterhalt zu besorgen und mütterliche Pflichten wahrzunehmen. Unheimlich dicht erzählt Aida Begić aus dem heutigen Alltag in ihrer verwundeten Heimatstadt Sarajevo.

Geschwister in der Stadt
Aida Begić, die junge Filmemacherin aus Bosnien-Herzegowina, hat bereits mit ihrem Erstling Snow (Schnee) Aufsehen erregt und es zu einer Einladung ins offizielle Programm von Cannes geschafft. Auch jetzt überzeugt sie wieder mit einer Geschichte mitten aus dem Alltag ihrer Heimatstadt Sarajevo heraus, wo vor noch gar nicht langer Zeit ein Belagerungszustand herrschte, wie man ihn im Europa des späten 20. Jahrhunderts nicht mehr für möglich gehalten hatte. Er endete erst am 29. Februar 1996. Viele, die geblieben sind und überlebt haben, haben Söhne, Männer oder auch Eltern verloren. Von zwei dieser «Kinder aus Sarajevo», erzählt Aida Begić in ihrem Spielfilm. Sie tut dies erneut mit einem ausgeprägten Formbewusstsein. Die fiebrig bewegte Kamera von Erol Zubčević taucht in der nebligen Stadt, in der vieles noch immer von einem Schleier umhüllt scheint und sich noch nicht klar zeigen kann. Atemlos muss sie schauen, dass ihr die Figuren, die unter Druck stehen und bewegt sind, nicht entwischen.

Rahima und Nedim, die beiden Kinder, leben in Sarajevo in einer Gesellschaft des Übergangs, in der die Wunden tief sitzen und noch lange nicht verheilt sind. Marija Pikic und Ismir Gagula spielen ihre beiden Rollen so intensiv, dass man den Eindruck hat, sie wären nicht Spielende sondern Porträtierte. Vor der Uraufführung in Cannes 2012 hat sich Aida Begić dafür entschuldigt, dass sie noch immer keinen optimistischen Film habe machen können. Das ist, in einer Zeit, in der das Publikum sich im Kino gerne aufheitert, verständlich. Aber die Wirklichkeit ist nun mal nicht nur fröhlich, und wenn jemand so präzis hinschaut und so packend erzählen kann, wie Aida Begić, dann wird das nebensächlich. Elementar ist die Kraft, mit der sie erzählt und uns vor Augen führt, welche Spuren ein Krieg auch nach fünfzehn Jahren noch hinterlässt, auch und gerade bei Kindern. Mich hat der Film um die zwei Kinder, die ohne Eltern aufwachsen und bei denen die Tochter die Mutterrolle auch noch mitspielen muss, an den grossartigen Spielfilm Sister – L’enfant d’en haut der Schweizerin Ursula Meier erinnert. Auch sie eine Filmemacherin, die sich radikal treu bleibt und ohne Anbiederungen an ihren Filmen arbeitet. Beide betrachten sie im allerbesten Sinn Realitätsmomente in ihrer Heimat, verdichten sie zu Innenansichten, die sich in der Umgebung spiegeln. Seelenlandschaften sind das, was wir in ihren Filmen zu sehen bekommen.
(Walter Ruggle - Trigon-Film)

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Kritiken

National International
- Andrea Lüthi für medientipp.ch - Peter Bradshaw für guardian.co.uk
- Rolf Breiner für cineman.ch - Mark Adams für screendaily.com
  - Alissa Simon für variety.com
  - Megan Lehmann für hollywoodreporter.com
Verleiher
Trigon

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