Maman Est Chez Le Coiffeur
Rezension von Irene Genhart
1966. Eine idyllische Einfamilienhaussiedlung am Rande von Quebec. Voller Freude auf die beginnenden Ferien klettern die 15-jährige Elise und ihre Brüder Coco und Benoît aus dem Schulbus. Und sie lassen sich zum Anfang gut an, diese sonnigen Sommertage voller Kinderspiele, Velofahrten, ersten Küssen, heimlichen Ausflügen an den Fluss und Mutters verlockend duftenden Kuchen.
Doch dann kommt der als Arzt arbeitende Papa nach Hause. Und Elise belauscht zufällig ein Telefongespräch, das dieser mit einem Mann führt, der ihm auf eine damals als skandalös geltende Art und Weise nahe steht. Am nächsten Tag nimmt Mama Reissaus, überlässt ihre Kinder rabenmutterartig ihrem Gatten und zieht nach London.
Ein bisschen gar furchtbar Holterdiepolter geht das: Rein storymässig und bezüglich Figurenzeichnungen der Erwachsenen ist dieser Film von Léa Pool von fast schon erschreckender Vereinfachung und Klischiertheit. Was nun aber nicht heisst, dass er schlecht ist. Im Gegenteil. Fast ganz aus der Sicht der 15-jährigen Elise erzählt - und deswegen in seiner Simplizität teilweise berechtigt - schildert «Maman est chez le coiffeur» pointiert und bisweilen unerwartet humorvoll die tiefe Trauer und Verunsicherung, welche das abrupte Ende einer bis anhin behüteten Kindheit kennzeichnen. Und weil Pool für die Rolle der verstört ins Erwachsenenleben gleitenden Elise die bodenständig spielende Marianne Frotier verpflichtete, ist «Maman est chez le coiffeur» weniger ein plakativ-melodramatisches Scheidungs- und Familiendrama als vielmehr ein phasenweise doch beeindruckendes Coming-of-age-Movie.
(Irene Genhart)
Kritiken
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